Etwa 130 Staaten haben am Freitag, den 7. Juli 2017, in den Vereinten Nationen in New York einen Vertrag zum Verbot von Nuklearwaffen verabschiedet. Nach Jahrzehnten stockender Abrüstung senden sie eine klare Botschaft an die Nuklearwaffenstaaten: Die internationale Staatengemeinschaft akzeptiert den bisherigen Sonderstatus der Atommächte nicht länger. Das völkerrechtlich verbindliche Abkommen verbietet neben der Herstellung, dem Einsatz und Besitz auch die Drohung mit einem Nuklearschlag sowie die Stationierung von Nuklearwaffen. Damit handeln künftig auch die Staaten in der nuklearen Teilhabe in der NATO gegen geltendes Völkerrecht. Die nuklear bewaffneten Staaten und deren Verbündete blieben aus diesem Grund und auf Druck der USA den Verhandlungen fern.
Friedensaktivist*innen sehen in dem Vertrag einen Durchbruch. „Das Verbot schließt eine völkerrechtliche Lücke, die trotz Ende des Kalten Krieges über Jahrzehnte offen klaffte“, sagt Sascha Hach von ICAN. „Bio- und Chemiewaffen sind schon lange verboten, doch der Besitz von Nuklearwaffen war bis heute nicht explizit untersagt. Dieses Paradox haben die nuklearwaffenfreien Länder nun beendet, indem sie den Aufstand gegen die Atommächte gewagt haben.“
Die Nuklearwaffenstaaten haben die Verhandlungen boykottiert, ebenso die meisten NATO-Staaten. „Der Vertrag wird trotzdem Wirkung entfalten“, sagt Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin der IPPNW. „Er stigmatisiert den Besitz von Nuklearwaffen und erhöht den Druck zur Abrüstung. Außerdem verbessert sich der Schutz von Opfern von Nuklearwaffeneinsätzen und -tests durch konkrete Auflagen zu Opferhilfe und Umweltrehabilitation.“
Mit dem Vertrag vollzieht sich eine historische Wende in der Nuklearpolitik. Erstmals rücken die menschliche Sicherheit und die katastrophalen humanitären Folgen von Nuklearwaffen ins Zentrum der Diskussionen. Den Anstoß hierfür gaben vor allem die internationale Zivilgesellschaft und Staaten, die keine Nuklearwaffen besitzen.
Nukleare Abrüstung ist künftig keine Frage, die Nuklearwaffenstaaten ungestört unter sich ausmachen können. Die Blockadepolitik der Atommächte ist damit beendet. Der Vertragstext macht den Weg frei für ein Mitspracherecht aller Staaten. Neben den Verbotsvorschriften schafft das Abkommen auch Rahmenbedingungen für ein umfassendes Kontroll- und Verifikationsregime. Bisher mussten sich nur nuklearwaffenfreie Staaten Sicherheitskontrollen unterziehen. Der Vertrag schafft nun die Grundlage, dass künftig auch Nuklearwaffenstaaten kontrolliert und verpflichtet werden, mit anderen Staaten in Abrüstungsfragen zusammenzuarbeiten. Ab jetzt muss eine nuklearwaffenfreie Welt gemeinsam verwirklicht werden.
Zugleich ermöglicht die Offenheit des Vertrages gegenüber Staaten, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beitreten können oder wollen, dass das Regelwerk nicht blockiert werden kann. Somit kann der Geltungsbereich schrittweise erweitert werden.
Nach Inkrafttreten des Vertrages ist der Besitz von Nuklearwaffen mit einem beträchtlichen diplomatischen Reputationsschaden verbunden. Dies wird den weltweiten Druck für Abrüstung massiv erhöhen.
Maßgebliche Initiatoren für die Aufnahme der Verhandlungen waren Österreich, Irland, Südafrika, Nigeria, Brasilien und Mexiko.
Der Vertrag wird nach aktuellem Stand ab dem 20. September 2017 in Anwesenheit der Außenminister bei der UN-Vollversammlung feierlich zur Unterschrift freigegeben. Notwendig sind 50 Ratifizierungen, damit der Vertrag 90 Tage später in Kraft tritt.
Die Rolle Österreichs
“Vor fünf Jahren noch, als wir ICAN Austria gegründet haben, erschien die Forderung nach einem Verbot von Nuklearwaffen als Träumerei und nukleare Abrüstung war seit 20 Jahren festgefahren. Mit viel Engagement setzten sich die Zivilgesellschaft und einige Vorreiter-Staaten weltweit dafür ein, die humanitären Konsequenzen von Nuklearwaffen hervorzuheben – und immer mehr Staaten schlossen sich der Bewegung an,” sagt Nadja Schmidt, Direktorin des österreichischen Zweigs der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Nuklearwaffen (ICAN).
“Doch unsere Arbeit ist noch nicht vollbracht: jetzt gilt es sicherzustellen, dass möglichst schnell und möglichst viele Staaten dem Verbotsvertrag beitreten und diesen ratifizieren. Österreich soll auch hier eine Vorreiterrolle spielen, und als erster Staat den Vertrag feierlich ratifizieren. Dafür werden wir in Österreich gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen in den nächsten Wochen arbeiten.”