Verbotsverträge für biologische und chemische Waffen, für Landminen und Streumunition gibt es, aber noch immer keinen für Nuklearwaffen.
Durch das Völkerrecht sind alle Staaten verpflichtet, Verhandlungen für eine nukleare Abrüstung in redlicher Absicht zu führen und auch abzuschließen. Nichtsdestotrotz haben es die Staaten, die Nuklearwaffen besitzen, bisher verabsäumt, einen konkreten Fahrplan mit dem Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt zu erarbeiten. Stattdessen investieren sie in die Modernisierung ihrer Nuklearwaffen mit der offenkundigen Absicht, an ihnen auch zukünftig festzuhalten. Aber dieses Verhalten darf nicht länger geduldet werden. So lange Nuklearwaffen existieren, so lange besteht auch die Gefahr, dass sie eingesetzt werden. Ein Verbot ist dringend notwendig.
Internationale Abkommen
Die Verabschiedung des Vertrages über die Nichtverbreitung von Nuklearwaffen im Jahr 1968 wurde geleitet von der Einsicht über „die Zerstörung, die ein Atomkrieg über die ganze Menschheit bringen würde“. Artikel VI des Abkommens verpflichtet alle Staaten, Verhandlungen über eine vollständige nuklearen Abrüstung in redlicher Absicht zu führen – unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle. Doch mehr als vier Jahrzehnte später bleibt diese Vorgabe weitgehend nicht erfüllt. Einige Regierungen warnten bei einer wichtigen Überprüfung des Vertrages im Mai 2010 vor katastrophalen humanitären Konsequenzen, sollte nicht bald gehandelt werden.
Schon bisher hat die internationale Gemeinschaft einige Abkommen beschlossen, um bestimmte Arten von Waffen abzuschaffen, die Mensch und Umwelt unzumutbares Leid zufügen. Darunter fallen biologische und chemische Waffen, Landminen und seit Neuestem auch Streumunition. Obwohl die Zerstörungskraft von Nuklearwaffen um ein Vielfaches größer ist als die all dieser und sämtlicher anderer Waffen, gibt es bis dato noch keinen universellen Verbotsvertrag. Nach dem Völkerrecht ist der Einsatz von Nuklearwaffen verboten.
Wie würde ein Verbotsvertrag funktionieren?
Einem Verbot von Waffen folgt normalerweise die Vernichtung dieser Waffen – und nicht umgekehrt. Das Verbot biologischer und chemischer Waffen war ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu deren – noch laufender – Vernichtung. Ähnlich der Biowaffenkonvention und Chemiewaffenkonvention würden Atommächte einer Nuklearwaffenkonvention beitreten können, wenn sie sich verpflichten, innerhalb eines vereinbarten Zeitraums ihre Nuklearwaffen zu vernichten. Sobald ein Nuklearwaffenstaat beigetreten ist, würden schrittweise Übereinkommen getroffen werden, die eine verifizierbare und irreversible Zerstörung der Waffen garantieren.
Ein Verbotsvertrag muss nicht notwendigerweise jeden einzelnen kleinen Schritt für jeden einzelnen Staat zur Zerstörung der Nuklearwaffen auflisten:
- Stattdessen würde ein grundsätzlicher Rahmen festgelegt werden, damit dieses Ziel erreicht werden kann.
- Staaten könnten zur stufenweisen Abrüstung verpflichtet werden, beginnend damit, dass sie ihre Nuklearwaffen nicht mehr in Alarmbereitschaft halten.
- Auch ein Verbot der Produktion von spaltbarem Material sollte in der Konvention enthalten sein.
- Es müsste außerdem vereinbart werden, dass vorhandene Bestände entweder vernichtet oder unter internationale Kontrolle gestellt werden.
- Ein internationales Monitoringsystem und eine spezielle Behörde könnten eingerichtet werden, um die Einhaltung des Vertrages zu überwachen.
Wie kann ein Verbotsvertrag erreicht werden?
Die Änderung der „Spielregeln“ in Bezug auf Nuklearwaffen würde nicht nur diejenigen Staaten, die einen solchen Vertrag von vornherein unterschreiben würden, beeinflussen, sondern hätte wesentliche Auswirkung darüber hinaus. Ein Verbotsvertrag würde, sobald er in Kraft getreten ist, die Legitimität des Besitzes von Nuklearwaffen für alle Staaten stark in Frage stellen.
Verhandlung über einen Vertrag für ein Verbot von Nuklearwaffen sollen von engagierten Staaten auch dann begonnen werden, wenn die Nuklearwaffen besitzenden Staaten daran nicht teilnehmen. Denn die Alternative wäre, den Nuklearwaffenstaaten weiterhin die Kontrolle über den Prozess zu überlassen und somit ein System von ungleichen Rechten und zahnlosen Abrüstungsverträgen aufrechtzuerhalten.
Ein Verbot von Nuklearwaffen würde die Erfolge der regionalen Verträge über atomwaffenfreie Zonen auf eine globale Ebene heben. Staaten könnten sich in ihrer Ablehnung von Nuklearwaffen auch formell darauf beziehen und somit eine eindeutige rechtliche Norm gegen den Besitz von Nuklearwaffen schaffen.
Staaten, die keine Nuklearwaffen besitzen, beklagen seit langem, dass hinsichtlich nuklearer Abrüstung keine Fortschritte erzielt werden. Viele äußern sich besorgt über die fortlaufende Aufrüstung mit und Modernisierung von Nuklearwaffen. Trotz ihrer Frustration sind diese Staaten aber nicht ohne Einfluss: Schließlich bilden sie zusammen die überwiegende Mehrheit. Wenn sie erfolgreich zusammenarbeiten, können sie ein effektives gesetzliches Verbot von Nuklearwaffen erwirken, das nicht nur Nuklearwaffen verbietet, sondern auch Abrüstung zielführend vorantreibt. Es ist an der Zeit zu handeln!