Von 10. bis 11. November 2017 lud Papst Franziskus Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, von Staaten und internationalen Organisationen zu einer hochrangigen Konferenz über nukleare Abrüstung in den Vatikan ein. Das Thema: „Perspektiven einer Welt frei von Nuklearwaffen und für vollständige Abrüstung“ spiegelt die friedenspolitische Position des Heiligen Stuhls wider. Neben menschlicher Entwicklung und Frieden, ist Abrüstung eine grundlegende Komponente einer friedlichen Welt. Ein besonderer Fokus lag darum auf Nuklearwaffen.
Nadja Schmidt nahm für ICAN Austria an dieser Konferenz teil.
Geladen waren zahlreiche Friedensnobelpreisträger*innen: ICAN´s Executive Director Beatrice Fihn, der ehem. IAEO Generalsekretär Muhammad El Baradei, Jodie Williams, Muhammad Yunus, Adolfo Perez Esquivel und Mairead Corrigan-Maguire. Weitere Sprecher*innen der Konferenz waren zum Beispiel NATO Vize-Generalsekretärin Rose Gottemoeller und die österreichischen Diplomaten Thomas Hajnoczi und Thomas Stelzer.
Die hochrangigen Gäste wurden auch vom Papst empfangen.
Der Heilige Stuhl über nukleare Abschreckung
Nukleare Abschreckung ist keine effektive Antwort auf die aktuellen Bedrohungen des Weltfriedens wie Terrorismus, Cyberkriminalität oder Armut – ein begründeter Zweifel, auf den auch ICAN immer wieder aufmerksam macht.
In seiner Rede zu den Teilnehmer*innen der Konferenz verurteilte Papst Franziskus den Besitz von Nuklearwaffen – eine bemerkenswerte Zuspitzung der Position der katholischen Kirche.
„Massenvernichtungswaffen, insbesondere Nuklearwaffen, kreieren nichts als ein falsches Gefühl von Sicherheit.“
Der Vatikan ist immer schon für die Abschaffung von Nuklearwaffen eingetreten. Der Besitz und die Abschreckungspolitik wurden vom Vatikan bisher jedoch in limitierten Fällen akzeptiert:
– 1963, Enzyklika „Pacem in Terris“: Eine minimale nukleare Kapazität zur Abschreckung eines nuklearen Angriffs ist vorübergehend, bis vollständige Abrüstung verwirklicht ist, ethisch akzeptierbar.
– 1982, Papst Johannes Paul II: Nukleare Abschreckung ist als Zwischenschritt hin zu progressiver Abrüstung moralisch akzeptierbar.
Unter Papst Franziskus hat die katholische Kirche ihre Position – vor allem hinsichtlich der Moralität von Abschreckung – überarbeitet:
– 2014: Die Verwendung von Nuklearwaffen ist absolut verboten.
– 2014, Wiener Konferenz zu den humanitären Auswirkungen von Nuklearwaffen: Der Verlass auf eine Strategie, die auf Nuklearwaffen basiert, hat zu einer unsichereren Welt geführt; alle Staaten sollten darüber nachdenken, ob Abschreckung eine stabile Basis für den Frieden darstellen kann.
Im November 2017 schließlich, bei seiner Rede anlässlich der Abrüstungs-Konferenz des Vatikans sprach Papst Franziskus die Frage des Besitzes von Nuklearwaffen direkt an: Wird das Risiko einer unabsichtlichen Detonation von Nuklearwaffen in Betracht gezogen, muss sowohl die Androhung eines Einsatzes als auch ihr Besitz verurteilt werden. Auf Grund der humanitären Auswirkungen von Nuklearwaffen und dem damit falsch erweckten Eindruck von Sicherheit, muss der Besitz dieser Waffen verurteilt werden.
Der Heilige Stuhl und der Verbotsvertrag
Bereits am Tag der Bekanntgabe der Verleihung des Friedensnobelpreises an ICAN würdigte der Vatikan die Entscheidung des norwegischen Nobelpreiskomitees:
„Es ist Zeit, nukleare Rüstung zu stoppen und die Waffen zu zerstören,“ erklärte der Sekretär der für Friedensfragen zuständigen vatikanischen Behörde für ganzheitliche Entwicklung, Bruno Duffe am 6. Oktober und verwies auf die moralische Verantwortung von Politiker*innen und Wissenschaftler*innen.
Die gute Zusammenarbeit mit dem Heiligen Stuhl und ICAN geht zurück auf die humanitäre Initiative, die auf die humanitären Konsequenzen und die Auswirkungen auf die Umwelt eines jeglichen Einsatzes von Nuklearwaffen aufmerksam gemacht hat. Die Sorge über diese Konsequenzen teilt auch der Vatikan, der als einer von drei Staaten den Vertrag über das Verbot von Nuklearwaffen bereits ratifiziert hat.
Während der Konferenz wiesen zahlreiche Sprecher*innen auf die Bedeutung des Verbotsvertrags hin und hoben seine Bedeutung für den Aufbau einer Norm gegen den Besitz von Nuklearwaffen hervor.
Papst Franziskus bekräftigte, dass die Verbotsnorm im Vertrag eine „bedeutende juristische Lücke schließt“, ähnlich wie zuvor bei Chemie- und biologischen Waffen sowie Landminen, die bereits durch einen internationalen Vertrag verboten sind.
Der Verbotsvertrag wurde bisher von 53 Staaten, darunter Österreich, unterzeichnet und tritt nach der 50. Ratifikation in Kraft. Die Konferenz im Vatikan bot die Möglichkeit das Momentum für den Verbotsvertrag aufrecht zu erhalten und abermals die Bedeutung der nuklearen Abrüstung zu betonen. ICAN Österreich wird sich auch in den nächsten Monaten verstärkt dafür einsetzen, dass mehr Staaten den Vertrag unterzeichnen und ratifizieren, damit er möglichst bald in Kraft tritt.
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Autorin: Nadja Schmidt